Was bedeutet Heidentum heute?

Antike Druidensteine in einer grasbewachsenen Landschaft

Definition und historische Wurzeln des Heidentums

Heidentum, auch bekannt als Paganismus, bezieht sich heutzutage auf eine Vielzahl von spirituellen und religiösen Praktiken, die sich vor allem auf Glaubenssysteme berufen, welche vor der Verbreitung des Christentums, Judentums und Islams existierten.

Ursprünglich war „Heide“ allerdings ein Begriff, der von Christen verwendet wurde, um alle Menschen zu beschreiben, die nicht an den monotheistischen Gott glaubten. Auch die Mitglieder anderer großer Weltreligionen, wie etwa dem Buddhismus oder Hinduismus, wurden darunter subsummiert.

Die historischen Wurzeln des modernen Heidentums liegen in den polytheistischen Religionen der Antike, wie dem römischen und griechischen Pantheon, den nordischen und germanischen Götterwelten sowie den keltischen und slawischen Traditionen. Diese Religionen hatten oft gemeinsame Merkmale, darunter den Glauben an mehrere Götter und Göttinnen, Naturverehrung, Rituale und Feste, die den Zyklus der Natur feiern, sowie eine starke Verbindung zu den Vorfahren und dem Land.

Unterschiedliche heidnische Traditionen und Glaubenssysteme

Zu den bekanntesten modernen heidnischen Traditionen gehören:

  • Wicca: Eine der bekanntesten modernen heidnischen Religionen, die in den 1950er Jahren von Gerald Gardner begründet wurde. Wicca verehrt sowohl eine Göttin als auch einen Gott und legt großen Wert auf Naturverehrung, Magie und die Einhaltung des Wiccan Rede: „An it harm none, do what ye will.“
  • Asatru: Eine moderne Wiederbelebung des altnordischen Glaubens, die sich auf die Verehrung der Götter und Göttinnen der Edda, wie Odin, Thor und Freya, konzentriert. Asatru-Anhänger praktizieren oft Rituale, die als Blóts bekannt sind, und legen Wert auf Ehre, Tapferkeit und Gemeinschaft.
  • Altglauben, kontinentalgermanisches Heidentum: Im Gegensatz zu Asatru, das sich hauptsächlich auf die nordische (skandinavische) Tradition bezieht, fokussiert sich das kontinentale Heidentum auf die germanischen Traditionen und Glaubensvorstellungen, die auf dem europäischen Festland (z.B. in Regionen des heutigen Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und der Niederlande) praktiziert wurden. Dies schließt die Traditionen der Germanenstämme wie der Franken, Alemannen, Sachsen und anderer kontinentaler germanischer Gruppen ein. Wobei insbesondere die Forschungsarbeiten von Jacob Grimm eine wichtige Grundlage bilden.
  • Druidismus: Eine spirituelle Tradition, die sich an den Praktiken der alten keltischen Druiden orientiert. Moderne Druiden legen großen Wert auf Naturverehrung, Weisheit und das Erlernen alter keltischer Weisheiten. Sie feiern regelmäßig Feste wie die Sonnenwenden und Äquinoktien. Zwischen Druidentum und Altglauben gibt es teilweise große Übereinstimmungen. Was die Vermutung nahe legen könnte, dass beide Traditionen sich letztendlich auf den gleichen, ursprünglich in ganz Europa verbreiteten Ursprung beziehen.
  • Rekonstruktionistische Traditionen: Diese Bewegungen versuchen, die alten heidnischen Religionen so genau wie möglich nachzubilden. Beispiele hierfür sind der Hellenismos, der den alten griechischen Glauben wiederbelebt, und der Religio Romana, der auf die römischen Traditionen zurückgreift.

Warum sich Menschen heute für das Heidentum entscheiden

In der heutigen Zeit entscheiden sich viele Menschen aus verschiedenen Gründen für das Heidentum:

  1. Naturverbundenheit: Viele moderne Heiden fühlen sich zur Natur hingezogen und suchen in den heidnischen Praktiken eine Möglichkeit, diese Verbindung zu vertiefen. Sie schätzen die Betonung auf den Kreislauf der Jahreszeiten, Naturfeste und Rituale, die das Leben im Einklang mit der Natur fördern.
  2. Spiritualität und Individualität: Das Heidentum bietet eine flexible und individuelle Herangehensweise an Spiritualität. Im Gegensatz zu dogmatischen Religionen erlaubt es den Anhängern, ihren eigenen Weg zu finden, eigene Rituale zu entwickeln und persönliche spirituelle Erfahrungen zu machen.
  3. Kulturelle und historische Wurzeln: Für viele ist das Heidentum eine Möglichkeit, sich mit den Traditionen und dem Erbe ihrer Vorfahren zu verbinden. Dies kann besonders in Regionen von Bedeutung sein, wo alte heidnische Traditionen tief in der Geschichte verwurzelt sind.
  4. Gemeinschaft und Zugehörigkeit: Moderne heidnische Gemeinschaften bieten oft ein starkes Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit. Feste, Rituale und Versammlungen fördern soziale Verbindungen und unterstützen den Austausch von Wissen und Erfahrungen.
  5. Ablehnung organisierter Religionen: Einige Menschen wenden sich vom Heidentum ab, weil sie mit den etablierten monotheistischen Religionen unzufrieden sind. Sie suchen nach einer spirituellen Alternative, die weniger hierarchisch und dogmatisch ist.

Das moderne Heidentum ist vielfältig und dynamisch, bietet Raum für individuelle und gemeinschaftliche spirituelle Praktiken und zieht Menschen an, die nach einer tiefen, naturverbundenen und flexiblen spirituellen Erfahrung suchen. Es ist eine lebendige Erinnerung daran, dass die alten Wege weiterhin relevant und inspirierend sein können.